Bei einer Nachwuchsveranstaltung der NRW-Finanzverwaltung trat Lotto-Millionär "Chico" auf. Das löste politischen Ärger aus. Der Finanzminister bezieht nun Stellung. Die NRW-Landesregierung wollte offenbar frischen Wind in ein Event der Finanzverwaltung bringen. Doch der Gast, der eingeladen wurde und mit Ministerpräsident Hendrik Wüst für Fotos posierte, ist umstritten. Bei dem Event für junge Nachwuchskräfte im BVB-Stadion Anfang September trat der Dortmunder Influencer und Lotto-Millionär Kürsat Yildirim, bekannt als "Chico", vor großem Publikum auf. Die FDP im Landtag sprach danach von einem "verstörenden Signal" – und verlangte Aufklärung. Nun hat Finanzminister Marcus Optendrenk die Einladung von "Chico" verteidigt: Der 45-Jährige habe kein Honorar bekommen, so der Minister in seiner schriftlichen Antwort auf eine Anfrage des FDP-Fraktionsvorsitzenden Ralf Witzel. Der hatte sich daran gestoßen, dass Yildirim nach eigenen Aussagen vorbestraft ist und im Gefängnis war. In einem Social-Media-Clip vom Event hält eine Influencerin dem sichtlich gut gelaunten Yildirim ein Mikrofon hin: "Du hast in deiner Karriere schon viel erreicht." Doch genau daran entzündete sich die Debatte – denn Yildirim spricht im Netz auch immer wieder offen über seine kriminelle Vergangenheit. Als junger Mann habe er, so schildert er selbst, alten Damen die Handtasche entrissen, sei drogenabhängig gewesen und habe im Gefängnis gesessen. Erst der Lottogewinn von zehn Millionen Euro 2022 machte ihn zur lokalen Berühmtheit – und schließlich zum Ehrengast im BVB-Stadion. Bei der Veranstaltung mit dabei: Ministerpräsident Hendrik Wüst und Finanzminister Marcus Optendrenk (beide CDU), BVB-Boss Hans-Joachim Watzke sowie rund 1.600 Nachwuchskräfte der Finanzverwaltung – von Azubis bis zu dualen Studierenden. "Darf nicht Markenbotschafter des Landes in der Personalwerbung sein" FDP-Mann Witzel zeigte sich darüber fassungslos: "Ein mehrfach rechtskräftig verurteilter Straftäter, Räuber, Gewalttäter und Gefängnisinsasse darf nicht Markenbotschafter des Landes in der Personalwerbung sein." Dass das Land ausgerechnet einen solchen Charakter präsentiere, sende ein "völlig falsches Signal an junge Bewerber". In einer Kleinen Anfrage an das Finanzministerium stellte Witzel die grundsätzliche Frage, was die Landesregierung mit dem Auftritt bezweckt habe: "Welche konkrete konzeptionelle Überlegung hat es für den Ministerpräsidenten und / oder den Finanzminister gegeben, ausgerechnet 'Chico' mit seinem Vorstrafenregister als "Special Guest" zum Event "Fankurve" einzuladen und dort die Nähe zu ihm zu suchen?" "Chico" sollte neue Zielgruppen erreichen Wie der Finanzminister nun als Antwort schrieb, erfolgte die Einladung an den Lotto-Millionär "aufgrund seiner hohen digitalen Reichweite, seines lokalen Bezugs zu Dortmund und seiner Bekanntheit in Zielgruppen, die über klassische Kommunikationswege nur eingeschränkt erreicht werden." Yildirim habe – wie andere Influencer auch – "eigenständig und ohne inhaltliche Vorgaben" in den sozialen Medien über das Event berichtet: "Für ihre Teilnahme wurden keine Honorare gezahlt." Es habe auch keine vertragliche Bindung oder Werbepartnerschaft gegeben. FDP-Politiker Witzel wollte auch wissen, was die Großveranstaltung im Stadion gekostet hat. Antwort: Rund 177.000 Euro brutto. "Diese umfassen die Gesamtkosten für Veranstaltungsort, technische Ausstattung, Sicherheit, Programmteile, Logistik und eine grundlegende Versorgung der rund 6.000 anwesenden Personen", so der Finanzminister. "Die Regierung sollte sich andere Botschafter für ihre Nachwuchswerbung ohne Vorstrafenregister suchen", kritisierte Witzel: "Wie wäre es zum Beispiel mit jungen Leistungssportlern, die in Dortmund für die Olympischen Spiele an Rhein und Ruhr trainieren?"