Oppositioneller Nemzow: Tot wertvoller als lebendig
Der Westen schlachtet dieses Ereignis sofort für Anti-Putin-Propaganda aus, denn oberflächlich gesehen scheint aller klar zu sein: das Monster Putin bringt mal wieder einen Kritiker mit seinen kaltblütigen Methoden zum Schweigen. So weit die Version für die allesfressenden Schäfchen, die sich nicht mit der Materie auskennen. Doch eine detailliertere Auseinandersetzung mit der Frage "Cui bono?" muss zwangsläufig auf ganz andere Gedanken bringen.
Nemzow war seit über 15 Jahren eine politische Null und hatte seine massive Unpopularität im Volk vor allem sich selbst zu verdanken. In den Neunziger Jahren war er unter Jelzin ein Regionalgouverneur und galt zwischenzeitlich als eine Art Kronprinz und politisches Talent. Doch seine Verstrickungen in die korrupte Privatisierung und andere dubiose Schemata des ultraliberalen jelzin'schen "Reform"-Clans kosteten ihn bald weitgehend die gesellschaftlichen Sympathien. Während der Präsidentschaft Putins wurde Nemzow zu einem der Anführer der liberalen prowestlichen Opposition, die zwar immer wieder lauthals Protestaktionen gegen "das Regime" organisierte, deren Zustimmungswerte und Wahlergebnisse aber konstant tief im Keller angesiedelt waren. Trotzdem waren die politisch marginalen Nemzow, Kasparow und Co. immer wieder beliebte Interview-Partner in den westlichen Medien, wenn diese wie zumeist auf der Suche nach Putin-Beschimpfungen waren, statt nach der repräsentativen Sicht der Mehrheit. Das häufige Blickenlassen in der Nähe westlicher Botschaften sowie die Spezialisierung auf westliche finanzielle Zuschüsse brachten Nemzow und seinen Mannen im Volksmund den Namen "grantojedy" ein, die Grant-Fresser. Dieses Wort steht synonymisch zu Verräter, fünfte Kolonne, Vertreter fremder Interessen.
Deswegen muss man sich auch heute fragen: wer profitiert nun von Nemzows Tod? Putin mit seinen derzeit rekordmäßigen 86% Zustimmung musste ihn sicherlich nicht fürchten. Für den 1. März war wieder mal eine Oppositionskundgebung geplant, von der sich jedoch schon im Vorfeld abzeichnete, dass sie ein laues Lüftchen werden würde. Und ausgerechnet gut 24 Stunden davor ereignet sich direkt vor den Mauern des Kreml ein Mord an einem höchst ineffizienten, aber bekannten Oppositionspolitiker. Perfektes Timing und perfekter Ort. Die liberale Schicht Moskaus ist rechtzeitig in Wallung gebracht, um die Lage zu destabilisieren, und die westliche Journallie hat wieder Material für Propaganda und Haßtiraden gegen Putin. Wie schon in dubiosen Fall Litwinenko, als alle sofort mit dem Finger auf Putin zeigten.
Egal, wie sehr jetzt die prowestliche fünfte Kolonne in Russland die Situation im Zusammenhang mit Nemzows Mord gegen Putin ausschlachtet, sollten ihre Vertreter in Wahrheit nachdenklich werden. Denn der Fall Nemzow zeigt, dass die amerikanischen Zahlmeister keine Sentiments haben. Wenn sie auf den Gedanken kommen, dass ein erfolgloser Agent tot mehr wert ist als am Leben, damit er noch zu einer Ikone stilisiert werden kann, dann ist auch der Rest der bezahlten Clique vor ihren "amerikanischen Freunden" nicht sicher. Schließlich heißt das Ziel der US-Geheimdienste die Destabilisierung der innenpolitischen Lage in Russland, auf diese oder jene Weise. Wer sagt, dass sich dazu nur lebendige Oppositionelle eignen?
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PS: Fast zeitgleich mit Nemzow ist in Kiew der gerichtlich verfolgte Oppositionelle Michail Tschetschetow aus der früheren Partei der Regionen durch einen Fenstersturz ums Leben gekommen. Offiziell heißt es, er habe "Selbstmord" begangen... Kein Wort davon in den westlichen Wahrheitsmedien.